Leben

 1876

 

geboren in Venedig. Taufname: Hermann Friedrich Wolf. Die Mutter, Emilia Ferrari, ist Venezianerin, der Vater, August Wolf, deutscher Kunstmaler, der im Auftrag des Grafen von Schack in Italien große Gemälde des 15. und 16.Jahrhunderts kopiert. Bis zu seinem 15.Lebensjahr wächst Ermanno in Italien auf.

1882   Erster privater Klavierunterricht in Venedig. Zeigt große zeichnerische Begabung.
1891   Erste Ausbildung in den Bildenden Künsten an der “Accademia di Belle Arti” in Rom, ein Jahr später an der privaten Malschule von Simon Holosy in München.
1892   Ausgelöst durch die Musik Johann Sebastian Bachs drängt es den 16-jährigen derart stark zur Musik, dass er die Aufnahmsprüfung an die “Königliche Akademie der Tonkunst” in München bestreitet. Er studiert bei dem berühmten Kontrapunktlehrer Joseph Rheinberger und dirigiert 18-jährig im Rahmen eines Studentenkonzertes die Uraufführung seiner “Serenade für Streichorchester” – erstmals unter dem neuen Künstlernamen Ermanno Wolf-Ferrari.
1895   Nach Beendigung des Studiums vorübergehende Rückkehr nach Venedig. Intensive Beschäftigung mit barocker und klassischer italienischer Musik. Komposition von Kammermusik in romantischem Ton. Drei Opernversuche scheitern.
1896   Durch Vermittlung von Arrigo Boito einmalige Begegnung mit Giuseppe Verdi in Mailand.
1897   Dirigent eines deutschen Chores in Mailand. Komposition der Chor-Orchesterwerke “Talitha Kumi” op.3, “La Sulamithe” op.4, sowie der “Otto Cori” (acht a capella-Chöre) op.2. Ehe mit der Sopranistin Clara Kilian. Ein Jahr später Geburt des einzigen Sohnes Federico.
1900   Die erste Oper “Cenerentola” fällt bei der Premiere am Teatro Fenice in Venedig durch. Der deutschen Erstaufführung, 1902 in Bremen, wird ein Achtungserfolg zuteil.
1903   Mit der Uraufführung des Chor-Orchesterwerks “La Vita Nuova” op.9 (nach Dante Alighieri) in München wird der Name Wolf-Ferraris schlagartig bekannt. Sein individueller Stil, eine Symbiose italienischer und deutscher Ausdrucksart, ist etabliert.

“Le donne curiose” (“Die neugierigen Frauen”) werden mit sensationellem Erfolg am Münchner Residenztheater in deutscher Sprache uraufgeführt. Damit ist nicht nur eine künstlerische Wiederbelebung der Werke des venezianischen Lustspielautors Carlo Goldoni (1707-1793) erreicht, sondern auch eine grundlegende Erneuerung der Opera Buffa eingeleitet, die Wolf-Ferraris Weltruhm begründet: Das Werk tritt unmittelbar seinen Siegeszug um den Erdball an. Stilistisch signifikant ist die Fortsetzung des ariosen Parlando von Verdis “Falstaff” bei neoklassizistischer Textur im Orchester, die einen Gegenentwurf zu postwagnerianischem Pathos und ungeschminkter Darstellung im Verismo darstellt.

Ernennung des 26-jährigen auf Lebenszeit zum Direktor des Konservatoriums “Liceo Musicale Benedetto Marcello” in Venedig.

1906   Die Uraufführung der “Quatro Rusteghi” (“Die vier Grobiane”) am Nationaltheater München unter Felix Mottl festigt den Ruhm des jungen Komponisten.
1909   Uraufführung des Operneinakters “Il segreto di Susanna” (“Susannens Geheimnis”) unter Felix Mottl in München. Aus Zeitgründen Auflösung des Vertrages mit dem Konservatorium in Venedig. Erneute Übersiedelung nach Deutschland. Von nun an legt der Komponist mit doppelter Staatsbürgerschaft sein Lebenszentrum ins Randgebiet der bayerischen Hauptstadt (Ottobrunn, Krailling) verbringt die Wintermonate aber auch immer wieder in Italien.
1911   “I gioielli della Madonna” (“Der Schmuck der Madonna”) an der Kurfürstenoper in Berlin. Der Stil ist dem Verismus angenähert, innerhalb dessen Wolf-Ferrari dennoch zu einem individuellen Ton findet. Reise nach Amerika.
1912   Amerikanische Erstaufführung der “Donne Curiose” unter Arturo Toscanini an der Metropolitan Opera New York.
1913   Ernst von Schuch dirigiert die Uraufführung von “L’amore medico” (“Der Liebhaber als Arzt”) in Dresden.
1916   Wolf-Ferrari lebt (bis 1921) bei Freunden in Zürich, dann in Zollikon, einem Dorf am Zürichsee. Depressionen durch das Kriegsgeschehen und das Gefühl der “Wurzellosigkeit” als Deutschitaliener führen in eine Schaffenskrise. Scheidung von Clara Kilian. Wendet sich für einige Zeit wieder der bildnerischen Tätigkeit zu und verfertigt rund 130 Aktzeichnungen. Korrespondenz mit dem von ihm zutiefst bewunderten schweizerischen Musikologen Ernst Kurth.
1921   Heirat mit Wilhelmine Funck.
Seit Ende des ersten Weltkrieges ist sein Werk ständigen Wechselbädern des Erfolgs ausgesetzt. Hand in Hand damit geht eine sehr unregelmäßige Aufführungsfrequenz.
1925   “Gli amanti sposi” (“Das Liebesband der Marchesa”) nach Goldoni am Teatro La Fenice in Venedig, deutsche Erstaufführung in Dresden unter Fritz Busch.
1927   “Das Himmelskleid” wird bei der von Hans Knappertsbusch geleiteten Uraufführung am Nationaltheater München äußerst kühl aufgenommen, “Sly” (nach Shakespeare) begeistert unter Ettore Panizza das Publikum der Mailänder Scala.
1931   Uraufführung “La vedova scaltra” (“Die schalkhafte Witwe”) nach Goldoni in Rom. Neubearbeitung von Mozarts “Idomeneo” für das Münchner Nationaltheater.
1932   Zwei kleinere Instrumentalkonzerte, begleitet von Streichorchester mit zwei Hörnern:  ”Idillio-Concertino” für Oboe op.15 und “Suite Concertino” für Fagott op.16.
1935   “Il canzoniere”, Italienisches Liederbuch (nach Texten toscanischer Volkspoesie) für verschiedene Singstimmen und Klavier op.17.
1936   Komposition der “Suite Veneziana”. Bis 1939 entstehen drei weitere Orchesterwerke: “Triptychon”, “Divertimento” und “Arabesken”.
Uraufführung von “Il Campiello” (nach Goldoni) an der Mailänder Scala unter Gino Marinuzzi.
1939   “La dama boba” (“Das dumme Mädchen”) nach Lope de Vega in Mailand. Berufung als Professor für Komposition an das Mozarteum Salzburg. Wolf-Ferrari leidet schwer unter Faschismus und Nationalsozialismus, er selbst bleibt von den Politsystemen aber unbehelligt. Zurückgezogen lebt er in München und Venedig, seine Werke dürfen auch im Krieg aufgeführt werden. Kammermusikwerke (u.a. Streichquartett- und quintett).
Beginnende Korrespondenz mit der jungen amerikanischen Star-Geigerin Guila Bustabo. Die beiden Künstler fühlen sich von Anfang an spirituell verbunden.
1943   Komposition des Violinkonzerts D-Dur op.26 – “Guila Bustabo in ammirazione”. Bombardements auf Leipzig und München verhindern die für Herbst 1943 vorgesehene Uraufführung. Wolf-Ferrari flüchtet ins österreichische Alt Aussee.
Die letzte Oper, “Der Kuckuck von Theben (Gli dei a Tebe) wird in Hannover uraufgeführt.
1944   Uraufführung des Violinkonzerts mit Guila Bustabo und den Münchner Philharmonikern unter Oswald Kabasta in der Münchner Tonhalle, gefolgt von der französischen Erstaufführung unter Willem Mengelberg in Paris.
Komposition der “Sinfonia Brevis”.
1945   Cellokonzert “Invocazione”.
1946   Verbringt die Nachkriegszeit vorerst wieder bei der ihm befreundeten Familie in Zürich.
“Kleines Konzert für Englischhorn und Streichorchester mit zwei Hörnern”, Streichduo für Viola d’amore und Viola da Gamba.
1948   Unerwartet stirbt Ermanno Wolf-Ferrari am 21.Januar in Venedig an einem Herzversagen. Auf der Friedhofsinsel “San Michele” wird ihm ein Ehrengrab zuteil.